Ausstellung
Alicja Kwade – Monolog aus dem 11ten Stock

Alicja Kwade, Monolog aus dem 11ten Stock, Installationsansicht, Haus am Waldsee, 2015, Foto: Roman März

Alicja Kwade

Monolog aus dem 11ten Stock

19.9. – 22.11.2015

Mit Alicja Kwade betreten wir das Feld der künstlerischen Wissenschaftsrecherche. Die Ausstellung „Monolog aus dem 11ten Stock“ zeigt im Haus am Waldsee wie konsequent und vielseitig sich die Bildhauerin und Konzeptkünstlerin seit über zehn Jahren mit dem Bereich des scheinbar Berechenbaren und doch Unvorstellbaren auseinandersetzt. 

In ihrem erkenntnistheoretischen Ansatz geht sie von Grundfragen der theoretischen Physik, Philosophie und Soziologie aus: Wie ist das Universum entstanden? Gibt es Parallelwelten? Was ist Zeit? Was ist Realität? Was ist Täuschung? Was ist Wahrheit? Von dieser Position aus diskutiert die 1979 in Polen geborene und in Berlin lebende Künstlerin grundsätzliche Fragen nach Normen und Modellen unseres gesellschaftlichen Alltags. Mit höchster Präzision, einfachen Mitteln und viel Sinn für das Kontingente und Paradoxe gelingt es ihr, komplexe Zusammenhänge skulptural zu bearbeiten und so dem Betrachter die eigene Bereitschaft Täuschungen und Illusionen zu erliegen vorzuführen.

Von je her sind Fragen nach Raum, Zeit und Schwerkraft zentrale Aspekte der Bildhauerei. Im 20. Jahrhundert wurden sie vor allem abstrakt verhandelt. Vorgänge in der Natur wurden als unsichtbare Kräfte nachvollziehbar gemacht. Kwade geht im frühen 21. Jahrhundert entschieden weiter. Sie bezieht konkret wissenschaftliche Forschungsergebnisse in ihr Denken ein und überträgt deren Konsequenzen auf gesellschaftliche Mechanismen und Modelle. Unter den von Albert Einstein formulierten Bedingungen der allgemeinen Relativitätstheorie geht sie in der aktuellen Ausstellung vor allem von Vorstellungen der Raum-Zeit-Krümmung, Zwillingsparadoxa oder sogenannten Wurmlöchern aus. Sie übersetzt theoretische Konstrukte in die Sprache der Kunst. Kwade eröffnet damit ein komplexes Spiel von Möglichkeiten und Kontingenzen, die für unsere gegenwärtige Gesellschaft symptomatisch sind: „Es kann (war oder wird) so sein, ist aber auch anders möglich.“

In der Ausstellung begegnet man einem Türblatt, das sich um die eigene Achse rollt. Felsbrocken, die sich verdoppeln oder drehen. Spiegel, die sich wie Papier an Bodenkanten schmiegen. Kupferleitungen, die durch Räume, Decken und Wände führen, Spiegel, die schwitzen, Rechenmaschinen, die das ganze Universum erfassen, und gleichzeitig auf unsere eingeschränkte Perspektive verweisen. Dabei scheint die Zeit verlangsamt, das ganze Haus verdächtig aufgeladen. Nichts ist singulär und sicher. Überall stößt man auf Doppelungen, die wie Déjà-vu Erlebnisse nachhallen. Immer scheint es noch andere Möglichkeiten zu geben, eine andere Ebene, eine andere Assoziation.

Es ist ein Katalog in Deutsch und Englisch mit einem Essay von Elena Esposito erschienen, herausgegeben und eingeleitet von Katja Blomberg. Verlag Walther König. 

Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds, Schering Stiftung.

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