Johanna Diehl
In den Falten das Eigentliche
29.11.2019 – 1.3.2020
„Wer einmal den Fächer der Erinnerung aufzuklappen begonnen hat, der findet immer neue Glieder, […] kein Bild genügt ihm, denn er hat erkannt: es ließe sich entfalten, in den Falten erst sitzt das eigentliche […].“ (aus: Walter Benjamin, Das Passagen-Werk)
Im Winter 2019/20 zeigt das Haus am Waldsee eine erste institutionelle Einzelausstellung mit der vielfach ausgezeichneten Fotokünstlerin Johanna Diehl (*1977) in Berlin. Frei nach Walter Benjamin entwickelt sie ihre Arbeit aus dem Gedanken heraus, dass das Eigentliche der Geschichte in den Falten der Erinnerung steckt. So spürt sie das Verborgene, oft auch Vergessene im jüngeren Gedächtnis Europas auf und findet zu Bildern, die sensibel konstatieren, statt aufzuklären oder zu beeindrucken.
In ihren jüngsten Serien bezieht sich Diehl auf private Biographien der westdeutschen Nachkriegszeit. Dafür hat die Großnichte von documenta-Gründer Arnold Bode Diamagazine, Tagebücher und Archive ihrer Großelterngeneration ausgewertet. Darunter prominente Verleger und Architekten in Kassel. Präzise setzt sie Traumata ins Bild. Ihre Arbeiten handeln von Aufbruch und Schweigen der ersten Dekaden nach 1945 sowie von den seelischen Nachwirkungen der Nazivergangenheit in den Generationen bis heute. Dabei bildet Fritz Zorns Lebensbeichte „Mars“, die Mitte der 1970er Jahre international Aufsehen erregte, eine historische Quelle dafür, wie das Innenleben der jungen Generation damals aussah.
Johanna Diehl hat in Leipzig und Paris unter anderem bei Timm Rautert, Boris Mikhailov sowie Jean-Marc Bustamante Kunst studiert. Sie ist Professorin für Fotografie in Würzburg und lebt in Berlin.
PRESSESTIMMEN
„Sehr stark […] Da sieht man, was man aus einem wirklich schwierigen Erbe machen kann.“ Silke Hennig, rbb Kultur
„Diehls Ausstellung ist kein Enthüllungsroman. Ihre Familiengeschichte ist nur eine persönliche Basis, von der aus sich Erinnerungskultur und Gesellschaft charakterisieren lassen.“ Jens Hinrichsen, Der Tagesspiegel
„Die Analyse der Künstlerin ist ebenso berührend wie schonungslos.“ Johanna Di Blasi, Berliner Morgenpost
„Auf keines der Bilder, keinen der Videofilme trifft das Urteil ‚erwartbar‘ zu.“ Ingeborg Ruthe, Berliner Zeitung
„Der Dialog der historischen Fotos mit den inszenierten Kostümteilen ist fruchtbar.“ Tom Mustroph, die tageszeitung
„Eine überzeugende, starke Ausstellung.“ Gabriela Walde, tip Berlin
„[D]er beste bundesdeutsche Familienroman, den man zur Zeit nicht im Buchhandel bekommt, sondern nur als Ausstellung im Berliner Haus am Waldsee“ Peter Richter, Süddeutsche Zeitung
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