Anton Henning

Als Anton Henning Ende der Neunziger Jahre die große Bühne der Kunst betrat, überraschte er mit einer ersten Installation im Kasseler Kunstverein durch sein breites Vermögen, Vorbilder zu interpretieren und in die eigene Biografie zu projizieren. Wie Picabia steht er zu seiner bürgerlichen Herkunft, ist voller Energie, sehr intelligent, sehr kultiviert und dazu provokativ. Er agiert schneller als andere und beschränkt seinen Horizont weder auf eine Technik noch auf ein Genre: Er ist Maler und Bildhauer, Designer, Videokünstler und Musiker. Er ist sein eigener Kurator und Museumsdirektor. Er folgt eigenen Idealen, unterwirft sich keiner Ideologie und verbleibt sich die Kunst der Jahrhunderte durch eine Praxis ein, die zugleich Respekt, Leichtigkeit und Ironie zum Ausdruck bringt. Henning ist ein Einzelgänger, der, wie Picabia und Picasso, ohne die geringste Rücksicht absolute Kunstfreiheit für sich in Anspruch nimmt. Der Balanceakt zwischen Kopie und freier Interpretation ist in der bildenden Kunst ein Hochseilakt mit ständiger Sicht in den Abgrund bloßer Unterhaltung. Mit dem Vertrauen auf sein Können als hervorragender Maler, seinem Humor und seiner Obsession der größtmöglichen Freiheit der künstlerischen Mitteilung nimmt er auf dieser Gratwanderung das Risiko des Missverstandenwerdens bewusst in Kauf. Wohl wissend, dass er auf der für ihn richtigen Seite steht.