Ausstellung
Sven Drühl – Simulationen. Landschaft jenseits der Wirklichkeit

Sven Drühl, Simulationen. Landschaft jenseits der Wirklichkeit, Ausstellungsansicht, Haus am Waldsee, 2016, Foto: Lepkowski Studios, Berlin

Sven Drühl

Simulationen. Landschaft jenseits der Wirklichkeit

9.9. – 6.11.2016

Der Künstler, Mathematiker, Autor, und Kunstwissenschaftler, Sven Drühl, zeigt mit „Simulationen. Landschaft jenseits der Wirklichkeit“ eine große Einzelausstellung im Haus am Waldsee, die sich vor allem auf seine Landschaftsbilder fokussiert. Die Ausstellung macht deutlich, wie zentral das Motiv in diesem seit 2002 wachsenden Oeuvre ist.

Der heute 48-Jährige widmet sich konsequent einem der ältesten Motivfelder der Malerei, das weit bis in die europäische Antike zurückreicht. Auch in der ostasiatischen Kunst, die Drühl interessiert, spielt die Auseinandersetzung mit dem Motiv der Landschaft eine zentrale Rolle. Was seine Malerei vor diesem Hintergrund so aktuell macht, ist die Tatsache, dass der Künstler weniger an der Natur oder dem geografischen Standort interessiert ist, als vielmehr an der Produktion von Bildern mit den Mitteln der Malerei, die er zugleich zu überwinden sucht. Seit gut fünfzehn Jahren setzt Drühl gezielt Strategien des Samplings, Mixens und Neuverwertens ein, wie sie aus der Musikszene bekannt sind.

Während DJs und VJs im Clubleben der Metropolen mit ihren Audiocollagen KünstlerInnenstatus erlangt haben, entwickelt Drühl parallel Bilder, die sich aus internationaler Kunst seit dem frühen 19. Jahrhundert speisen. Mit seiner unverwechselbaren, flächig-abstrahierten Maltechnik übersetzt er Zitate von Caspar David Friedrich, André Derain, Edward Theodore Compton, japanische Holzschnitte der 1920er Jahre, Fotografien von Alfred Renger-Patzsch, Sebastião Salgado oder Wolfgang Tillmans, und neuerdings vor allem Computergrafiken in Bilder über Bilder. Mit ungewöhnlichen Mitteln wie Silikon, Autolack und Öl schafft Drühl auf seinen Leinwänden eine komplett durchkonstruierte Welt der Künstlichkeit, die das virale, simultane und simulierte Potenzial unserer digitalisierten Gegenwart nutzt und sie als falsche Romantik ohne Emotion spiegelt. Es entsteht ein eigener Realismus, der das historische, tausendfach reproduzierte Original interpretiert und in einzigartige Gemälde der Gegenwart überführt.

Bereits der Titel der Ausstellung „Simulationen“ verweist auf die große wissenschaftliche Neugier und analytische Kraft des seit 2003 in Berlin lebenden Künstlers. Nach einem Studium der Kunst und der Mathematik an der Universität Essen, erhält Drühl Lehraufträge und Gastprofessuren in Essen, Frankfurt a. M., Dresden, Leipzig und Berlin. Er wird mit Preisen und Stipendien ausgezeichnet, die ihn u.a. nach New York führen. Neben seiner Arbeit im Atelier promoviert der notorisch neugierige Vielarbeiter in Kunstwissenschaft und profiliert sich als Theoretiker und Kurator.

Drühls Malerei ist flächig und plakativ. Ihre Farbigkeit orientiert sich an der künstlichen Natur. Entweder überzieht er leicht ins Signalhafte oder zitiert wie mit dem Zoom vergrößerten Motive in Schwarz-Weiß oder in Nachtschwarz. Dabei arbeitet Sven Drühl parallel in Serien, die verfolgt, liegen gelassen, wiederaufgenommen, erweitert und fallengelassen werden. Auf diese Weise entsteht ein vielschichtiges Werk, das überzeugend und mit großer Konzentration Kunst über Kunst als Metapher unserer bis ins Denken hinein durchdigitalisierten, zur Künstlichkeit neigenden Gegenwart hervorbringt.

Ein zweisprachiger Katalog mit einer Einführung von Katja Blomberg und einem Essay von Martin Engler ist im Verlag Walther König erschienen.

 

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